Entscheidung treffen
Intuition

Wenn du dich als Mann zwischen zwei Frauen entscheiden willst (bzw. als Frau zwischen zwei Männern): Woher willst du wissen welche die/der Richtige ist? Erstellst du eine Tabelle, in der du alle Vor- und Nachteile der Personen auflistest und gegeneinander abwägst? Das wäre die rationale und logische Methode – die übrigens der große Aufklärer Benjamin Franklin, Erfinder des Blitzableiters und einer der Gründungsväter der USA, allen Ernstes einem Neffen empfahl. Doch wir wissen alle: Niemand (außer vielleicht ein Ökonom) würde so handeln. In der Liebe entscheiden wir intuitiv.

Ein anderes Beispiel: Du spielst Tennis und willst den Ball richtig treffen, um ihn ins gegnerische Feld zurückzuschlagen. Berechnest du dafür die exakte ballistische Flugbahn, womöglich noch unter Berücksichtigung der Windrichtung und -stärke? Nein. Du konzentrierst dich nur auf einen Faktor, nämlich auf den Blickwinkel zum Ball, und hälst ihn durch deine Laufgeschwindigkeit konstant. So nimmst du die intuitive Abkürzung, die nur einen Faktor, und zwar den wichtigsten, berücksichtigt. Die Entscheidung, wo du den Ball erwischen willst, wird dadurch unglaublich schnell getroffen. Damit kennst du bereits ein zentrales Kriterium des Bauchgefühls: Berücksichtige nur den wichtigsten Faktor. Die Intelligenz des Unbewussten besteht darin, diesen auf Anhieb herauszufinden. Alle übrigen Daten und Informationen werden ausgeblendet. Die Entscheidung wird sehr schnell getroffen. Die Schnelligkeit der Entscheidungsfindung ist ein Qualitätsmerkmal der Intuition und erhöht die Trefferquote.

Wann Bauchgefühl sinnvoll ist

Wenn du in einem Ratespiel entscheiden müsstest, welche Stadt mehr Einwohner hat, Detroit oder Milwaukee, würdest du dich mit großer Wahrscheinlichkeit für Detroit entscheiden und würdest dich somit richtig entscheiden. Warum? Dein erster Impuls ist: Detroit.Du hast den Namen dieser Stadt immerhin schon mal gehört, vermutlich öfter als Milwaukee. Wahrscheinlich weil Detroit größer und bedeutender ist als Milwaukee. Genau!

Wenn du erst anfängst darüber nachzudenken, ob du mit der Frage aufs Glatteis geführt werden sollst, weil Detroit wegen der Autoindustrie bekannter, Milwaukee aber vielleicht trotzdem die größere Stadt ist, fängst du schon an dich zu verheddern. Zu viel Information beeinträchtigt deine Intuition. Würde man z. B. einem Nepalesen, der evtl. noch nie etwas von Detroit und Milwaukee gehört hat, diese Frage stellen, würde er raten – mit einer Trefferquote von 50 : 50. Bei intuitiven Entscheidungen erwartet man aber eine viel höhere Trefferquote, also auch eine höhere Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der Entscheidung. Auf das Bauchgefühl zu hören, ist in der Regel dann sinnvoll, wenn:

• eine zukünftige (oder eine unbekannte gegenwärtige) Situation beurteilt werden soll,
• die Informationslage ungewiss ist und
• deine Vorkenntnisse eingeschränkt sind.

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Wie Bauchgefühl funktioniert

Ein wesentlicher Vorteil des Bauchgefühls ist die Beschleunigung der Entscheidungsfindung, wenn mehrere Personen involviert sind. Sind z.B.: an der Detroit-Milwaukee-Frage drei Personen beteiligt, von denen zwei sich an die Einwohnerzahlen zu erinnern glauben, anfangen nachzudenken und sogar meinen, Milwaukee sei die größere Stadt, so könnte es zu einer – falschen – Mehrheitsentscheidung zugunsten Milwaukees kommen. Entscheidet sich der „ignorante“ Mitspieler aber intuitiv sehr schnell, so werden ihm die anderen beiden in der Regel folgen. Schnelligkeit ist gut, zu viel Wissen schlecht. Man zieht keinen wesentlichen Vorteil daraus, jeweils 30 technische Angaben von 15 verschiedenen Waschmaschinen zu kennen. Besser man konzentriert sich auf fünf namhafte Hersteller mit vergleichbarem Qualitätsniveau und nimmt das zweit- oder drittgünstigste Angebot, um den eventuellen Qualitätsverlust beim billigsten Anbieter auszuschließen und doch einen Preisvorteil zu haben.

Erfahrung in Form von gelebten Vorwissen oder von eingeübten motorischen Fähigkeiten hilft bei der intuitiven Entscheidung, schnell die beste von mehreren Optionen zu finden. Der erfahrene Golfspieler nimmt leichter und schneller die richtige Position zum Ball ein und kann sich auf die Abschätzung der Entfernung konzentrieren. Dadurch wird auch sein Schwung intuitiv besser. Erfahrung fördert bei schnellem, intuitivem Zugriff die Chance, die beste Option zu wählen, egal ob es um den Golfschwung, den Kauf eines Produkts oder die Einstellung eines Mitarbeiters geht. Zusammenfassend lauten die wichtigsten Funktionsmechanismen des Bauchgefühls also:

1) Weniger ist mehr: Beseitige den Informationsüberschuss, egal wie – durch Ignoranz, Vergessen oder Konzentration auf ein Merkmal.

2) Das Beste zuerst: Eingeübte motorische Fähigkeiten und Erfahrung wirken wie Informationsausschaltung. Durch Routine gewinnt man Zeit, die beste Option zu wählen; das ist sehr wichtig beim Sport, im Kampfeinsatz und bei Notoperationen.

3) Es geht schneller: Schnelligkeit ist ein Qualitätsmerkmal und verbessert tendenziell die Trefferquote und damit die Richtigkeit von Entscheidungen.

Die „Regeln“ des Bauchgefühls

Die Intelligenz des Unbewussten stoppt die Aufnahme überflüssiger Datenmengen, sobald das erste wichtige Kriterium erkannt ist: Fixiere den Ball und beginne zu laufen, um den Blickwinkel konstant zu halten; alles andere ist für das Treffen des Balls unwichtig. Die zugrunde liegende Regel funktioniert auch in anderen Bereichen: Sobald du die erste beste Frau (oder den ersten besten Mann) gefunden hast, halte dich an sie (ihn) und hör auf weiterzusuchen; sonst kommst du nicht mehr dazu, eine funktionierende Ehe aufzubauen. Die „Wie du mir, so ich dir“-Regel (auch Tit-fortat-Regel) vereinfacht manche Entscheidung: Ich bin freundlich zu dir, daher kann ich Freundlichkeit von dir erwarten. Auch diese Nachahmungsregel ist einfach und erfolgreich.

(Foto: pathdoc/shutterstock.com)

1 Kommentar

  1. Super interessanter Ansatz!
    Ich habe es immer super unwissenschaftlich gehalten. Egal ob es am Ende richtig ist oder nicht, wenn man bei einer Entscheidung auf das Bauchgefühl hört, kann man mit einer Entscheidung schlussendlich besser leben. Denn was die richtige Entscheidung ist, kann im im Voraus nie wissen. Immer erst hinterher. Durch das Hören aufs BAuchgefühl lernt man sich selbst besser kennen und verstehen.

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