2 Frauen beim Weinen trösten sich gegenseitig

Eine Krise, heftiger Kummer und es zieht dir den Boden unter den Füßen weg. So schnell wie die Stabilität sich verabschiedet hat, fließen manchmal auch Rotz und Tränen. Doch was machen die meisten Menschen? Sich entschuldigen.

Wer bist du?

Also ich kenne einige Beschreibungen vom Mensch sein, doch dass ein Mensch eine Maschine ist, kam nirgends vor. Ok, Menschen können manchmal arbeiten wie eine Maschine oder auch in den Modus der Funktionalität schalten, doch auch hier gibt es feine doch entscheidende Unterschiede.

Du bist ein Mensch. Ein Mensch ist ein fühlendes Wesen. Gefühle werden gefühlt und nicht gedacht. Sich berühren lassen, egal ob körperlich, mit Gesten oder mit Worten. Jetzt werde ich richtig frech: Ein Mensch darf menschlich sein. Dazu gehört auch der Gefühlsausdruck. Ich weiß, dass Gefühle echt hinterfotzig sein können. Sie können wie ein Tsunami über dich stürzen, hinter einer Hecke hervorspringen oder wie ein Blitz einschlagen. Doch sie sagen dir auch was, ebenso wie Tränen.

Wofür entschuldigst du dich?

Dir laufen Tränen und vielleicht sogar Rotz wie ein Sturzbach runter. Du hast eine Schnappatmung, dein Herz klopft bis zum Hals, der sich gerade zuschnürt. Neben einem tiefen Schluchzen bekommst du vielleicht gerade nur ein Wort raus: „Entschuldigung“.

Doch wofür entschuldigst du dich? Dass du dich so zeigst? Dass dich etwas berührt? Dass du gerade die Fassung verlierst? Ok, das ist fies, denn da muss ich dich ja nun zur Selbstbegegnung einladen und fragen: „Wie sieht es denn aus, wenn du gefasst bist? Was gibt dir das gefasst sein?“. Doch heute will ich da nicht weiter darauf eingehen.

Hast du das Gefühl, du bist eine Zumutung für dein Gegenüber? Zu – mut –ung, du hast den Weg zum Mut gefunden. Du zeigst dich in all deinem Sein, dein Innerstes, dein Herz, deine Seele, deine Berührbarkeit. Das ist für mich ein wahres Geschenk.

Doch frage ich nochmals nach: Wofür entschuldigst du dich? Bist du sonst in einer Rolle? Zeigst du bewusst manche Seiten deines Seins nicht oder gibt es einen anderen Grund dafür?

Passend dazu:  Keine Entscheidung ist auch eine Entscheidung

Entschuldigung  – nein – danke

Du darfst dankbar sein. Dankbar, dass du dich berühren lässt, menschlich bist, dich etwas bewegt. Du darfst dir danken, dass du den Mut hast, dich in deiner Verletzlichkeit zu zeigen. Dass du dein Gegenüber ausgewählt hast, der Zeuge deiner Berührbarkeit und deiner Menschlichkeit zu sein.

Für dieses Privileg der Zeugenschaft darf dein Gegenüber dir danken. Präsent bleiben, achtsam sein und ggf. Taschentücher reichen und dich in deinem Schmerz aushalten. Kein quälendes (aus)halten, ein „dir Halt geben, durch da sein“. Das kann durchaus auch schweigend geschehen.

Nun frage ich dich nochmal: Wofür entschuldigst du dich? Wenn du wieder weinst und dich entschuldigst, dann bitte ich dich deines Selbst wegen, dass du deine Aufmerksamkeit nach innen richtest und in dich reinhörst, welcher Gedanke eine Entschuldigung aus dir locken möchte. Nimm dir Zeit, nachzuspüren und nachzuforschen.

Ist es ein noch nicht definiertes Unwohlsein? Oder spürst du vielleicht eine Scham? Hast du Angst, was z.B. dein Gegenüber von dir denkt? Gab es enttäuschende Erfahrungen? Wie fühlt es sich an, dich weinend zu zeigen? Wie fühlt es sich an, dich so verletzbar zu zeigen?

Meine Bitte an dich

Ich verstehe es, wenn dich die Fragen erstmal überfordern und du null Bock hast, dir die Auseinandersetzung damit anzutun. Doch ich habe eine Bitte: Schließe bitte nicht von dir auf andere Menschen. Nicht jeder Mensch hat wie du gerade, diesen Artikel gelesen. Daher ist vielleicht keine Idee da, dass die Entschuldigung gepaart mit Tränen hinterfragt werden kann. Bzw. dass das Bewusstsein über die Entschuldigung eine Einladung zur Selbstbegegnung sein kann.

Wenn dir das nächste Mal ein weinender Mensch gegenüber ist und sich für seine Tränen entschuldigt, dann sag nicht einfach ein abfertigendes „passt schon“ oder „schon ok“. Sehe wirklich hin und erkenne das Geschenk. Ich bitte dich nicht darum, dich zu fragen, warum ein „passt schon“ oder „schon ok“ wie aus der Pistole geschossen kommt, ohne wirklich in dich gegangen zu sein und zu wissen, weshalb diese Antwort kam.

Ich bitte dich darum, eine Zeit lang wirklich da zu sein. Ohne Smartphone, ohne TV, ohne Ablenkung. Nur in dem Moment. Du, als haltgebende Person und dein Gegenüber, das sich einen Moment in die Emotionen und Gefühle fallen lassen darf und sich wahrscheinlich gerade mehr spürt, als es lieb ist. Ein offenes Ohr und aufrichtiges Interesse genügen. Mitgefühl und volle Präsenz, ohne einen RatSCHLAG wären unbezahlbar und ein unvergesslicher Bonus.

Mögen dich die Tränen an die Menschlichkeit erinnern und in die Dankbarkeit bringen, dass du nicht von innere Leere gefüllt bist.

Die Autorin

Jessica Ehrlicher

Ich bin Jessica Ehrlicher und unterstütze Menschen dabei sich selbst zu begegnen und kennenzulernen. Die Begleitung, Beratung und Coaching für kleine und große Menschen erfüllt mein Leben.

Mehr Informationen über mich und was ich so mache, findest du auf meiner Seite: https://www.jessica-ehrlicher.de

 

(Foto von Pexels)


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