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Während allerorts Rezepte für die (digitalen) Transformationsprozesse angepriesen werden, kommt die Rolle, die die ambitionierte junge Generation dabei einnehmen könnte, bislang kaum vor. Dabei liegt sie geradezu auf der Hand. Doch zunächst muss man verstehen, wie diese Generation tickt. Alex T. Steffen, Mitautor des Buches „Fit für die Next Economy“ beschreibt in diesem Beitrag einige wesentliche Aspekte.

Klassische Unternehmen sind geschlossene Systeme, in denen jeder sein Wissen hortet. Wir Vertreter der jungen Generation hingegen, in der Sharing-Economy groß geworden, haben längst verstanden, wie arm man bleibt, wenn man alles für sich behält, und wie reich man wird, wenn man teilt. Konkurrenz hat für uns einen geringen Stellenwert. Vielmehr sind wir offen für alles und jeden. Co-kreativ nutzen wir die „Weisheit der Vielen“ und integrieren jede hilfreiche Idee, ganz egal, von welcher Seite sie kommt.

Software-Funktionen wie Liken, Taggen, Upvoten und dergleichen sind für uns wertvoll und nützlich. Sie ermöglichen nämlich eine neue Art, kreativ zu arbeiten und Innovation zu den Kunden zu bringen. So lockt die Collaborationssoftware Slack hochinnovative Teams wie die Erbauer des Mars-Rovers geradezu an – und kann am Ende mit tollen Kunden werben. Slack & Co. machen Kommunikation, Zusammenarbeit und Vernetzung in einem Unternehmen simpler, angenehmer und produktiver, den Zugang zu Entscheidern einfacher und damit Entscheidungsprozesse deutlich schneller.

Wie wir den Umgang mit Daten sehen

Ältere Generationen sehen in technologischem Fortschritt vielfach eher eine Gefahr als einen Vorteil. Zum Beispiel kommt das Teilen von privaten Daten für sie oft nicht in Frage. „Ich soll Zugriff auf meinen Standort gewähren? Dann können Google & Co. ja immer genauestens verfolgen, wo ich gerade bin. Kommt nicht in Frage!“

Diese Angst ist grundsätzlich natürlich verständlich und in bestimmten Fällen auch durchaus sinnvoll. Digitale Spuren können so gut wie nie wieder gelöscht werden. Denn das Internet hat, wie man sagt, ein Elefantengedächtnis. Schlimme Vorgeschichten können Lebenswege bedrohen und unter Umständen Existenzen zerstören.

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Selbstverständlich gibt es auch in unserer Generation vorsichtige Zeitgenossen. Zudem mögen wir aufgrund geringer Lebenserfahrung nicht immer erahnen, welche irreparablen Schäden durch unser Handeln entstehen können. Dennoch findet unsere Generation, dass in den meisten Fällen die Furcht in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Gefahren steht. Der Nachteil einer übergroßen Zurückhaltung wäre ja der, dass man an den technologischen Vorzügen nicht teilhaben kann.

Vorteile des Teilens – am Beispiel Peerby

Viele neue Geschäftsmodelle basieren auf einem Netzwerk an Mitgliedern, die Daten wie zum Beispiel ihren Standort oder ein bestimmtes Nutzerverhalten freigeben. Das bedeutet, dass Zweifler sich selbst die Chance auf Wissensvorsprünge, Erleichterungen und Annehmlichkeiten verbauen – und vielen Mitmenschen gleich dazu. Wir teilen also gerne Daten, wenn dies dabei hilft, ein Produkt zu verbessern oder unserem Netzwerk als Ganzes einen Vorteil zu verschaffen.

So macht es die niederländische Smartphone-App Peerby möglich, Dinge, die man nur kurzfristig benötigt, von Menschen in der Nachbarschaft auszuleihen, statt sie sich teuer anzuschaffen. Man hat gerade keine Bohrmaschine zur Hand, die man eh nur zwei Mal pro Jahr benötigt? Oder man braucht einen Tennisschläger für das anstehende Turnier, da der eigene gerade in Reparatur ist?

Innerhalb von Sekunden hat man mit der App eine Anfrage an die ganze Gegend gestellt, und zügig erhält man Verleih-Angebote. Das ist definitiv eine Erleichterung für viele Menschen, es spart Zeit, Geld und Nerven. Der Haken dabei: Man muss Zugriff auf den eigenen Standort gewähren.

Eine solche Neuerung kann nur dann gut funktionieren, wenn so viele Nutzer wie möglich mitmachen, und zwar sowohl auf der Anbieter- als auch auf der Nachfrageseite. Einen Beitrag zum Gelingen zu leisten heißt damit, die nötigen Daten freizugeben. Und ja, Peerby findet reichlich User, Botschafter und Fürsprecher, auch außerhalb der Niederlande.

Sharing Economy: Teilen ist das neue Haben

Zugang ist unserer Generation wichtiger als Besitz. Das Teilen von Wissen und allen möglichen Erlebnissen aus unserem Leben mit einer weltweiten Webgemeinde ist für die meisten von uns völlig normal. Denn der teilende Mensch baut Sozialkapital auf. Horten, speziell auch das Horten von Wissen, entspringt einer asozialen Gesinnung, es stärkt nur den Einzelnen und erzeugt Konkurrenz.

Teilen hingegen stärkt die Gemeinschaft. Je mehr Marktteilnehmer Dinge miteinander teilen, desto mehr erhöht sich der Wohlstand für alle. Wir wollen die Umwelt schonen, hautnah erfahren, wie Menschen anderswo leben oder denen helfen, die weniger haben. Zudem ist mit steigender Mobilität allzuviel Eigentum eine Belastung. Teilen ist in beiden Fällen eine gute Alternative. Wer teilt, kommt sich näher, schafft Verbundenheit und Vertrauen.

So suchen wir ständig nach Lösungen zur gemeinsamen, zeitlich begrenzten Nutzung von Ressourcen, die nicht dauerhaft benötigt werden. In der Industrie ist das Miteinandernutzen von freien Kapazitäten lange bekannt. Es hilft dabei, eine optimale Auslastung der Produktionsmittel zu erreichen und effizienter zu wirtschaften.

Inzwischen machen Online-Plattformen das Modell des Co-Konsums auch beim Endkunden zunehmend populär: Designerkleidung, Babysachen, Bücher, Werkzeuge, Gartengeräte, Möbel, Fahrräder, Haustiere, Werkstätten, Parkplätze, Gabelstapler, Lkw-Stauraum, temporäre Unterkünfte und vieles mehr wird darüber geteilt.

Teilen statt besitzen: Raum für neue Geschäftsmodelle

Der Megatrend Teilen bietet reichlich Raum für immer neue Geschäftsmodelle. Hierdurch ändert sich für etablierte Hersteller in der Sharing-Economy eine Menge. Produkte, die geteilt werden sollen, müssen hochwertig sein. Solche mit den üblichen Sollbruchstellen fallen von nun an durchs Raster. Was schnell kaputtgeht, ist in einer Sharing-Gesellschaft nicht attraktiv.

Wer an der Zukunft des Sharing-Ansatzes zweifelt, der mag sich die Fakten ansehen: Im Jahr 2016 identifizierte das Wall Street Journal 88 US-Firmen, die eine Bewertung von mehr als einer Milliarde US-Dollar durch Risikokapitalgeber erhielten. Dort nahmen die Share-Dienste Uber (Rang 1 mit 68 Milliarden US-Dollar), AirBnB (Rang 2 mit 25,5 Milliarden US-Dollar) und WeWork (Rang 5 mit 17 Milliarden US-Dollar) die vordersten Plätze ein.

Auch die Zukunft der urbanen Mobilität wird geprägt sein von Car- und Roller-Sharing. Neben den klassischen Geschäftsmodellen wie Fahrzeugmiete und -leasing wird allmählich jedes Segment erschlossen. Minutenweises (Car2Go), halbstündiges (Coup) und stundenweises (Ubeeqo) Mieten, der Kauf (Unu), die Lizenzierung ganzer Flottensysteme (Gogoro), sowie Mitgliedsmodelle (Zipcar) von Mietfahrzeugen sind verfügbar. Und immer häufiger sind dies Elektrofahrzeuge.

Die Idee funktioniert aber erst dann, wenn man über zehntausende Nutzer sowie Standortinformationen und Echtzeit-Verarbeitung verfügt. Zudem beinhaltet das Modell Vorteile gegenüber dem traditionellen Fahrzeugbesitz: Das Parken der Mietfahrzeuge ist überall gestattet. Die Fahrzeuge sind gleichmäßig in der Stadt verteilt, um eine Balance von Angebot und Nachfrage zu schaffen. So sparen wir Ressourcen und gewinnen Lebenszeit.

Das Buch zum Thema

Anne M. Schüller, Alex T. Steffen
Fit für die Next Economy
Zukunftsfähig mit den Digital Natives
Wiley Verlag 2017, 272 Seiten, 19,99 €
ISBN: 978-3527509119

 

Die Autoren

Alex T. Steffen (Jahrgang 1990) ist Unternehmensberater mit Fokus Innovation und Digitale Transformation. Zuvor war er Angestellter in analogen Unternehmen und digitalen Startups. Daher kennt er in Bezug auf die Arbeitswelt beide Seiten. Er hat einen Bachelor of Science in International Business. Durch seine Keynotes und Workshops hilft er Unternehmen dabei, in Zeiten des Wandels agiler und robuster zu werden.

Kontakt: www.alextsteffen.com

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als Europas führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmenstransformation. Sie zählt zu den gefragtesten Rednern im deutschsprachigen Raum. Zu ihrem Kundenkreis zählt die Elite der Wirtschaft.

Kontakt: www.anneschueller.de

Titelbild Pexels @ Rawpixel

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