Hände halten

Es geschieht öfter, dass ich auf Facebook wenig schmeichelhafte Texte lese, geschrieben von Menschen, die von ihren Partnern enttäuscht, betrogen, belogen wurden. Nach Trennungen kommt der Liebeskummer.

Ich verstehe. Vor nicht all zu langer Zeit, 2010, und dann nochmal 2014, waren Phasen, in denen das andere Geschlecht auf meiner persönlichen NoGo-Liste stand.

2009, Los Angeles. Meine Frau hatte mich plötzlich verlassen wegen eines Anderen, unerwartet, nach 16 Jahren „Beziehung“.

Ich hatte es nicht kommen sehen. War blind. Hab vertraut. Dann 2014 nochmal, in Mexiko. Ähnlicher Plot. Die Details sind nicht wirklich wichtig. Ich hatte mich betrogen, belogen und hintergangen gefühlt. Und bin erstmal schön abgestürzt.

Schmerz. Trauer.

Dann, später, auch Wut und Abneigung.

Die Zeilen, die ich damals in meine Tagebücher geschrieben habe, waren voll von emotionalen und gedanklichen Ausbrüchen.

Das habe ich dann damals alles (die mit der Trennung und Enttäuschung verbundenen Gedanken, Überzeugungen, Meinungen und alle die damit verbundenen Emotionen) auch noch ne gute Zeitlang mit mir herum geschleppt…

Wenn ich es mit meinen männlichen Freunden geteilt habe, bekam ich oft Zuspruch. Wir waren uns einig.

Ich war wohl (bin) nicht der einzige in meinem Männer-Freundeskreis, dem sowas (ähnliches) passiert war. Am Anfang war der Release sehr hilfreich, es rauszulassen, statt es hinunter zu fressen.

Aber dann, als diese Ablehnung langsam zu einer „Religion“ wurde, zu einer Überzeugung, zu einer Einstellung, und diese Gedanken und Gefühle anfingen, mich zu verkleben und an mir zu haften, hatte es mich irgendwie vergiftet. Es hatte sich reingefressen in mein Wesen.

Wirklich gut getan hat mir das alles auf die Dauer natürlich nicht. Aber ich war eben noch nicht soweit. Ich hatte ja zumindest Recht. Und Recht haben war meinem Ego definitiv wichtiger als frei zu sein.

Die anderen (in diesem Fall das andere Geschlecht) waren ja schuld an meinem Leid, und ich war der definitiv Unschuldige, der Gute, das Opfer etc. etc.

Dann, endlich, ein Jahr später, kam die Erlösung in mein Leben

Sie kam in Form einer Frau (Byron Katie) und einer Methode und Übung.

Ich wurde gebeten, meinem Leid, meiner Wut, und meinem Schmerz nochmal Luft zu machen. Auf Papier.

Nochmal reinzugehen in die Situation. Mich so richtig schön über die Situation und den anderen Menschen (meiner Ex) auszukotzen.

Tja. Das habe ich dann gemacht. Ich habe mich 3 Seiten voll ausgekotzt.

Hat gut getan. Hat sich auch wirklich gut gelesen. Drama. Konflikt. Action. Horror. Alles war dabei. Verfilmt hätte das Ding einen Oscar gewonnen.

Das Arbeitsblatt durfte ich dann auch noch den anwesenden, vor mir versammelten 150 Frauen im Byron-Katie-Seminar mit Mikrofon in der Hand vorlesen, während sie mich alle anstarrten.

Als das überstanden war, hat Katie mir einen Rotstift in die Hand gedrückt, mir tief in die Augen gekuckt, und gefragt:

Passend dazu:  Verletzende Worte: so kannst du dich davor schützen

„Willst du frei sein oder Recht haben?

Allerdings, wenn es dir wichtiger ist, Recht zu haben, als frei zu sein, dann wird dies nicht funktionieren.

Diese Übung ist nur für Leute, die die Wahrheit wirklich wissen wollen, für Menschen, die wirklich frei sein wollen. Es ist nicht für Menschen, die lieber Recht haben wollen.

Und du hast jederzeit den den freien Willen, Recht haben zu wollen und den Schmerz zu behalten.

Also. Bist du bereit?“

Ich wollte frei sein, wirklich. Ich konnte nicht mehr

„Gut, dann nimm diesen Rotstift und schau nochmal auf deine „Story“ und zensiere, lösche, streiche rücksichtslos alles (ALLES!) was deine …

  • Vermutungen
  • Interpretationen
  • Mutmaßungen
  • Bewertungen
  • Verurteilungen
  • Vorstellungen
  • Konzepte
  • Meinungen (moralisch und andere)
  • Überzeugungen
  • Schlussfolgerungen
  • Fantasien
  • Wahnvorstellungen
  • Halluzinationen sind.

Wow!

Ich habe mich dann hingesetzt, und alles gelöscht, alles was nicht wirklich, wirklich nur den einfachen TATSACHEN entsprach. Ich ließ nur die FAKTEN stehen.

Was war denn wirklich passiert, ohne meine Meinung darüber zu stülpen, ohne der Situation irgendeine eine Bedeutung zu geben, die sie nicht wirklich hatte?!

Einfach war das nicht. Mein Ego und mein Schmerzkörper haben sich gewehrt wie verrückt! Aber ich bin durchmarschiert.

Ich wollte (konnte) nicht mehr in diesem Alptraum, diesem Seins-Zustand aus Trauer, Wut, Schmerz und Verwirrung leben. Dann bin ich ohne Rücksicht, ohne Zweifel, ohne Scham ans Zensieren gegangen.

Und, was war jetzt noch übrig? Wie fühlte es sich an? Wer war (bin) ich ohne meine (stressigen, wütenden) Geschichten und Überzeugungen und Meinungen (über das andere Geschlecht)?

Ich habe mir dann durchgelesen, was noch übrig war, ohne (!) neue Stories draufzusetzen!

Im Gegenteil, in der zweiten Runde fand ich sogar noch mehr, was ja gar nicht wirklich wahr war, nicht wirklich den Tatsachen entsprach. Am Schluss waren nur noch 2-3 Sätze übrig.

Es war nur das übrig, was wirklich geschehen war

Es war da immer noch ein bisschen Traurigkeit über die Trennung, den Verlust.

Aber: Das Drama und meine Identifikation mit den damit verbundenen Gedanken und Schlussfolgerungen etc. waren völlig weg!

Also.

Eine kleine Empfehlung meinerseits.

Kotz dich aus.
Auf Papier.
Dann, frage dich …

Wer bist du ohne den Gedanken?

  • Wer bist du in dieser Situation ohne deine Interpretationen und Meinungen?
  • Wer bist du in dieser Situation ohne ihr die Bedeutung zu geben, die sie nicht hat?
  • Wie fühlt es sich anders an ohne Story und Drama!?
  • Wie bin ich anders?
  • Wie reagiere ich anders?
  • Wer bin ich ohne meine Gedanken über diese Situation?

Auf der anderen Seite dieser Übung war meine Erlösung. Vielleicht hilft es dir ja.

Über Mirko Betz

Mirko Betz ist Life Coach, Großstadtmönch, Unternehmensberater und Lebenskünstler. Er war DJ, Mode-Designer, Unternehmer, Obdachloser, Drehbuchautor und Wandermönch.

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