Wohnung der Zukunft

Heutzutage muss sich jedes Unternehmen damit auseinandersetzen, welche Auswirkungen die digital transformierte Zukunft auf das eigene Geschäft haben wird. Wer hierzu die Expertise der Millennials ganz gezielt nutzt, kommt der Sache schnell näher. Dazu heißt es im ersten Schritt, der jungen Generation zuzuhören, um sie zu verstehen.

„Die jungen Leute lassen sich zunehmend schlecht in unsere Arbeitswelt integrieren“, jammern einem bisweilen die Manager vor. „Aber das treiben wir denen schon noch aus“, meinen sie augenzwinkernd. Und genau das wird nicht klappen. Natürlich lässt sich die Jugend schlecht in eine veraltete Arbeitswelt integrieren. Warum sollte sie auch?

Denn ganz egal, ob das der alten Garde passt oder nicht: Die junge Generation definiert unsere Zukunft – und auch den Handlungsspielraum, den die Anbieter darin haben. Unternehmen müssen also fit und attraktiv sein für die Lebenswelt dieser Generation. Denn es ist deren Welt, in die wir uns hineinbewegen.

Anstatt also über die jungen Leute zu schimpfen oder Generationenkonflikte heraufzubeschwören, sollte die Wirtschaft besser die Talente der Millennials nutzen, um sich zügig fit für die Zukunft zu machen. Sie sind nicht nur gut vernetzt, sondern auch unglaublich flott unterwegs. In einem digital transformierten Kosmos leben die längst. Und wenn sie Arbeitswelten schaffen, dann sind diese daran adaptiert.

Wer die Millennials überhaupt sind

Ein Blick auf die Jugend ist immer auch ein Blick in die Zukunft. Dabei wird die Transformation, die die ab etwa 1980 geborenen Millennials bereits gestalten und künftig bewirken, wohl alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen. Sie werden Science Fiction vor unseren Augen wahr werden lassen.

Die Demographie gab ihnen die Namen Generation Y und Generation Z – sie selbst nennen sich gar nicht so. Natürlich sind solche Bezeichnungen nur Hilfskonstrukte, weil man nicht alle Menschen, die in einem beliebig gewählten Zeitraum geboren wurden, in die gleiche Schublade stecken kann.

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Dennoch sind gelebte Ereignisse in der Phase der frühen Jugend persönlichkeitsprägend und bilden, zusammen mit Gruppenkonformismen, einen gemeinsamen Sozialcharakter.

Erfolgsentscheidend ist es also in einem ersten Schritt, Einblicke in das Leben, Denken und Handeln der Millennials zu gewinnen.

Doch keinesfalls sollte man sich das von Vertretern älterer Jahrgänge erklären lassen. Das ist nicht aus erster Hand, nicht authentisch und immer gefiltert. Man sollte die jungen Leute schon selbst zu Wort kommen lassen. Was sie zu sagen haben, ist wie ein Blick in die kommende Zeit.

Alex T. Steffen, 27, über seine Generation

In der digitalen Zukunft zählt nicht, auf das vorbereitet zu sein, was sicher kommen wird, sondern auf das, was kommen könnte. Um dies zu schaffen, müssen Organisationen vor allem agiler werden. Wir Millennials leben Agilität tagtäglich und intuitiv. Wer sich solches Know-How zunutze macht, hat einen strategischen Wettbewerbsvorteil.

Uns zu konsultieren, ist quasi wie eine digitale Expertenberatung, nur günstiger und effektiver, denn in jedem Unternehmen gibt es bereits eine Menge von uns. Das geht aber nur mit Vertrauen. Und über Verstehen. Wem das gelingt, der wird als Anbieter und als Arbeitgeber für uns hochattraktiv.

Wir sind in einer Welt aufgewachsen, in der meist beide Elternteile berufstätig waren und vielfach auch noch sind. Dementsprechend sind wir sehr selbständig groß geworden und lieben den Freiraum. Wir wurden in familiäre Entscheidungen maßgeblich eingebunden. Mitspracherecht ist für uns also selbstverständlich.

Kommandierende Manager haben es deshalb nicht leicht, Millennials richtig zu führen. Es wird oft behauptet, wir Millennials könnten mit Autorität schlecht umgehen. Hingegen streben wir vor allem nach Selbstwirksamkeit und besseren Lösungen als die, die es am Markt bereits gibt. Wir erwarten zudem ein Echtzeit-Feedback, weil wir das von den sozialen Medien her so gewohnt sind.

Über Werte und Eigenheiten der Millennials

Fairness ist ein wichtiger Punkt für uns Millennials. Dabei wünschen wir uns eine Entlohnung, die im Verhältnis zu unserem individuellen Beitrag steht. Sich einen Vorteil auf Kosten anderer zu verschaffen, vor allem dann, wenn das in den Teppichetagen der Unternehmen passiert, empört uns Millennials sehr.

Integrität wird wohl immer wichtiger werden, und unsere Generation treibt diesen Trend mit voran. Aus Sicht der Millennials verliert Konkurrenzkampf an Relevanz. Obwohl klar ist, dass Konkurrenz die Leistung steigern kann, meinen viele Millennials, dass eine Firma nicht vornehmlich ein Ort des Kräftemessens sein sollte. Wir bevorzugen eine kollegiale Zusammenarbeit in sich selbst organisierenden Teams.

Das zeigt die boomende Startup-Kultur überaus deutlich. Möglichkeiten für neue Formen der Kollaboration, also des produktiven Miteinanders, entstehen durch den technologischen Fortschritt tagtäglich. Und wir jungen Leute sind sehr gut darin, digitalbasierte Neuerungen zügig in unser Leben und Arbeiten aufzunehmen.

Doch wir haben auch Eigenheiten. Eine große Schwäche vieler Millennials ist die relativ kurze Aufmerksamkeitsspanne. Als junge Arbeitnehmer mangelt es uns außerdem an Erfahrung, was ältere Generationen gerne als Naivität interpretieren. Sie finden, dass es Millennials an Hartnäckigkeit, Überwindungskraft und Rückgrat fehlt. Sie sagen, Millennials arbeiten nicht hart genug.

Tatsächlich steht uns ein viel längeres Arbeitsleben bevor als unseren Eltern. Wir müssen also clever mit unseren Ressourcen umgehen. Außerdem scheuen wir uns, bekannte Fehler zu wiederholen, die zu Burnout und anderen negativen Folgeerscheinungen der bisherigen Arbeitskultur führen. Stattdessen blühen Millennials auf, sobald sie Geltung erleben und Gestaltungsmöglichkeiten übertragen bekommen.

Wie wirksame Jung-Alt-Miteinander-Initiativen entstehen

Wir schätzen die Erfahrungen der Generationen vor uns sehr. Am besten wird es wohl sein, wenn wir die Vorzüge beider Generationengruppen, also die der „jungen Wilden“ und die der „alten Hasen“, in einen Topf werfen können. Wir brauchen einen ernst gemeinten Generationenaustausch und ein befruchtendes Miteinander, um robuste und zukunftsfähige Organisationen zu schaffen.

Doch die Stigmatisierung der Digitalgeneration („Die hängen bloß noch über ihren Handys, die interessieren sich für nichts und niemanden mehr.“) ist, wie mir scheint, vielfach immer noch ausgeprägter als der Wille zur Kollaboration. Erst wenn wir gemeinsam beginnen, Vorurteile ab- und Brücken aufzubauen, werden die Unternehmen nicht von der Zukunft überrollt.

Wettbewerbsfähigkeit in der digitalen Welt ist ausschließlich durch eine intensive Verknüpfung mit Millennials möglich. In „Fit für die Next Economy“ beschreibe ich unsere Systeme des Lebens und Arbeitens und unsere Sicht auf Business und Unternehmertum. Mithilfe dieses Wissens fällt die Zusammenarbeit dann sicher ganz leicht.

Das Buch zum Thema

Anne M. Schüller, Alex T. Steffen
Fit für die Next Economy
Zukunftsfähig mit den Digital Natives
Wiley Verlag 2017, 272 Seiten, 19,99 €
ISBN: 978-3527509119

 

Die Autoren

Alex T. Steffen (Jahrgang 1990) ist Unternehmensberater mit Fokus Innovation und Digitale Transformation. Zuvor war er Angestellter in analogen Unternehmen und digitalen Startups. Daher kennt er in Bezug auf die Arbeitswelt beide Seiten. Er hat einen Bachelor of Science in International Business. Durch seine Keynotes und Workshops hilft er Unternehmen dabei, in Zeiten des Wandels agiler und robuster zu werden.

Kontakt: www.alextsteffen.com

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als Europas führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmenstransformation. Sie zählt zu den gefragtesten Rednern im deutschsprachigen Raum. Zu ihrem Kundenkreis zählt die Elite der Wirtschaft.

Kontakt: www.anneschueller.de

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