Auszubildender Lehrling

Täglich begegnen mir viele junge Menschen,  davon sind einige Schüler, manche Azubis oder Studenten. Was ich von vielen Seiten höre, missfällt mir total. Die Ablehnung, die, die jungen Menschen von den Kollegen oft erfahren. Natürlich rede ich nicht alles schön und ich kenne auch junge Menschen, die für das Berufsleben nicht bereit sind, doch schimpfen ändert nichts, sie zu unterstützen hingegen schon.

„Lehrjahre sind kein Herrenjahre“ – richtig, denn es gibt keine Lehre mehr!

Seit 1969 sprechen wir von einer Berufsausbildung, doch anscheinend ist das bei vielen Menschen nicht angekommen. Ich kenne einige Azubis, die immer noch wie der „Depp vom Dienst“ behandelt werden. Natürlich ist es notwendig, dass in der Berufsausbildung auch „niedere“ Arbeiten gelernt werden, was zu einem wichtigen Fundament zählt, denn auch die Aufgaben sind notwendig, um ein Unternehmen am Laufen zu halten.

Ich erinnere mich noch gut an meine Ausbildung und an den Austausch mit meinen Berufsschulkollegen. Es gab definitiv Aufgaben, die für die Azubis bestimmt waren. Wir alle spürten einen inneren Widerstand, fühlten uns ausgenutzt und auch missbraucht. Wobei wir uns sicherlich schneller als gerechtfertigt in die Opferrolle warfen. Der Modus ist während der Pubertät quasi unter einem Kurzwahlspeicher hinterlegt.

Aus – bild – ung, es wird etwas ausgebildet, das noch nicht da ist. Woher denn auch, bis jetzt war nur der Kindergarten, die Schulzeit, die Hobbies- und Familienpflichten und der Abschlussstress samt „Wer bin ich? Wo will ich hin?!“ auf dem Programm. Die Ausbildung ist eine neue Erfahrung, ein neuer Lebensabschnitt.  Eine tragende Säule ist definitiv die fachliche Materie, die vermittelt wird, doch es gehört so viel mehr dazu.

Werte dürfen und müssen vermittelt werden

Ich möchte keine Diskussion, wer wofür zuständig ist. Werte werden von Eltern und anderen Menschen im sozialen Umfeld geprägt. Fakt ist, wenn ein Mensch eine Ausbildung beginnt, ist er ein Teil von einem Team und von einem Unternehmen. In einem Unternehmen sollte darauf geachtet werden, dass die so oft groß ausgeschriebenen Werte, keine leeren Worte sind. Wer unterstützt die oft jungen Menschen in der inneren (Aus-)Bildung?

Die meisten Auszubildenden sind voll in der Pubertät und in der Selbstfindungsphase. Wir haben nicht mehr „früher“. Es ist gut, dass wir uns weiterentwickeln. Doch macht es mich traurig, wenn ein junger Mensch dazu bereit ist und die vorangegangenen Generationen in ihrem persönlichen Funktionsmodus gefangen sind.

Es sollte ein Austausch über Arbeitsmoral, Leistung, Zuverlässigkeit und Werte geführt werden. Es gibt oft Aufgaben, die für selbstverständlich gehalten werden. Doch woher sollen sie bekannt sein, wenn es keine Kommunikation darüber gibt und nicht klar gestellt wird, dass sie selbstverständlich sein sollten?!

Eine Unterstützung oder ein Hinweis darauf kann wertschätzend und respektvoll kommuniziert werden. So können die Auszubildenden auf allen Ebenen wachsen. Ein junger Mensch kann die Unterstützung eines reifen und klaren Erwachsenen gut brauchen, um die Reflexion zu lernen und das Leben zu begreifen.

Wir können von jungen Menschen lernen

Ein Klient (1. Ausbildungsjahr) sagte mir etwas, was mich zutiefst berührte: „Ich weiß, dass ich der Depp vom Dienst bin und dass ich Arbeiten machen muss, die keiner machen will, weil ich einfach der Azubi bin, das ist ok, geht ja allen so. Doch sie motzen, wenn ich etwas falsch mache. Sie schimpfen, wenn ich es nicht so schnell kann wie sie. Sie lachen mich aus, wenn ich was komplizierter als notwendig mache. Ich bin doch ein Mensch. Warum behandeln die mich so scheiße?“.

Mein Innerstes war zutiefst getroffen. Denn der junge Mann war sich selbst viel näher, als es seine Kollegen es wohl je waren. Was er auch mit einer weiteren Aussage zeigte. „Ich merke es schon an der Art, wie der Kollege morgens in die Firma kommt. Wie bzw. ob er grüßt. Wenn er nicht grüßt, dann ist an dem Tag alles scheiße. Der unterstellt mir Sachen, die nicht stimmen, z. B. dass ich keine Lust auf die Ausbildung habe. Doch wenn ich überlege, alles, was er mir vorwirft, trifft auf ihn selbst zu. Er hat null Bock mir was beizubringen und er interessiert sich einfach nicht für mich. Wie soll ich da was lernen?“. Bähm! Ein junger weiser Mann, der sehen und kommunizieren kann und begreifen möchte.

Wie viele Menschen kennst du, die eine Ausbildung absolvierten, in dem Unternehmen blieben, eine Familie gründeten, vielleicht sogar ein Haus  bauten, doch selten zufrieden oder ausgeglichen wirken?

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Jeder Mensch ist einzigartig

Wenn wir wieder lernen, den Mensch vor uns, als einzigartig und besonders anzuerkennen und ihn wirklich zu sehen, können wir ihn unterstützen, die beste Vision seines Selbst zu werden.

Ist es so schlimm, wenn ein Mensch auf sich achtet, auf seine Gesundheit schaut und für sich sorgt? Ich finde, das ist eine hohe Qualität. Mir ist durchaus bewusst, dass es auch unmotivierte und faule Auszubildende gibt. Doch es sind heranwachsende Menschen. Es sind keine Kinder mehr und sie sind noch nicht erwachsen. Sie dürfen selbst erfahren und auch die Rückmeldung bekommen, dass manche Abläufe vereinfacht werden könnten. Sie lernen, also unterstützt sie in der Ausbildung!

Wenn sie nicht wissen, wofür sie sich abmühen, dann unterstütze sie dabei es zu erkennen. Lade sie ein, sich mit der Sinnhaftigkeit ihres Lebens auseinandersetzen, dass sie über ihre Lebensaufgabe nachdenken oder auch über Karrierevorstellungen oder Wünsche. Ihre Bestimmung, ihre Fähigkeiten und vor allem sollte das Thema Verantwortung und Eigenverantwortung thematisiert werden. Dann wird klar, dass jeder selbst verantwortlich ist, für seinen Lebensunterhalt zu sorgen.

Zeigt den jungen Menschen, wofür sie verantwortlich sind. Welche Folgen es geben kann, wenn die Arbeit nicht ordentlich verrichtet wurde. Doch macht dies nicht über die riesige Gewitterwolke Namens Angst. Spricht aus, dass ihr die Aufgabe zutraut und sie die Verantwortung tragen, doch weil sie in der Ausbildung sind, wird es noch „zur Sicherheit“ kontrolliert.

Schafft Bindung, indem ihr ehrlich seid und erzählt, dass ihr selbst mal überfordert wart und hinschmeißen wolltet. Doch erwähnt auch den Stolz es durchgehalten zu haben und daran gewachsen zu sein. Teilt mit, wie es euch heute auch manchmal mit der Arbeit geht, dass eine Unlust sein darf, doch die Pflicht und Verantwortung darüber stehen. Lasst uns von der Schuld weg gehen und endlich bei der Verantwortung ankommen.

Übrigens können weder Partner, Geschwister noch Eltern etwas für die Berufswahl. Also wenn ein Beruf mit Hemdpflicht gewählt wird, dann unterstütze dein Gegenüber, dass die Bügelfähigkeit gelernt wird. Wenn nicht, dann geht shoppen und zeigt, dass es bügelfreie Hemden gibt oder auch einen Bügelservice in Anspruch genommen werden kann. Den hat  die Person zu bezahlen, der das Hemd benötigt und nicht bügeln kann oder will. Das gehört auch zur Eigenverantwortung.

Möge die Eigenverantwortung voller Stolz getragen werden. Mögen wir den Mut haben uns selbst und auch unser Gegenüber zu sehen.

Eure Jessica

Die Autorin

Jessica Ehrlicher

Ich bin Jessica Ehrlicher und unterstütze Menschen dabei sich selbst zu begegnen und kennenzulernen. Die Begleitung, Beratung und Coaching für kleine und große Menschen erfüllt mein Leben.

Mehr Informationen über mich und was ich so mache, findest du auf meiner Seite: https://www.jessica-ehrlicher.de

 

Foto von Andrea Piacquadio

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